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Der Freier

09.09.2016

09.04.20

Die Linke diskutiert: hat die Regierung gegen Corona zu viel oder zu wenig getan?

Geht es nach den einen, so heißt linke Kritik: überzogene Maßnahmen, Verlust der Bürgerrechte, die Regierung schuld am Kollaps. Geht es nach den anderen: alle Maßnahmen der Regierung zu spät, und nicht drastisch genug. Sie hätte die Produktion schließen müssen als sie noch konnte, stattdessen wollte sie die Profite retten. Das Leben von Arbeiterinnen und Arbeitern brachte sie in Gefahr.

Beiden gemeinsam, dass sie der Epoche entstammen, die zu Ende geht. Beide wollen an keine Krise glauben. Alles sei eine Form falscher Politik, vielleicht deshalb, weil das Interesse der Entscheidungsträger nicht mit dem der Mehrheit identisch ist.

Die die heute so reden, sind die Syriza von morgen. Sie wollen glauben machen, es bräuchte nur andere Politik an der Spitze der Gesellschaft. Dabei zeigt sich gerade in der Corona-Krise die zunehmende Machtlosigkeit der Staaten des kapitalistischen Zentrums, die ihre Weltmarktposition in den letzten Jahrzehnten nur durch radikalen Abbau von Gesundheits- und Sozialversorgung sichern konnten, und die sich daher selbst der Mittel beraubt haben, die sich gegen den Coronavirus mobilisieren ließen. Sie müssen sich entscheiden, Pest oder Cholera. Kennzeichnend für die Epoche, wird die herrschende Klasse zunehmend zwischen entgegengesetzten Anforderungen hin und her gerissen.

Aber darüber hinaus verkennt die enttäuschte Staatsgläubigkeit, dass der Kopf der Gesellschaft selbst von der Krise mitgenommen ist. Er macht zunehmend Fehler. Jede untergehende Gesellschaftsform macht sie. Sein Kontrollverlust, den er mit überzogenen Maßnahmen wegzumachen sucht, ist selbst objektives Moment der Krise. Überall schlägt er zu spät zu, und dann zu heftig. Er hatte Corona natürlich genausowenig kommen sehen wie Macron die gelben Westen; anstatt Fieber zu messen, schloss er 14 Tagen später die Grenzen; anstatt ein paar Strafzettel am Kreisverkehr zu verteilen, ließ er 14 Tage später Gasgranaten auf Paris niederregnen.

*

Es soll sich zugetragen haben,
dass als der Krieg verloren war,
das Flottenkommando den Befehl zum Auslaufen gab.
Die Bürger diskutierten über das Zuviel oder Zuwenig.
Die Matrosen nutzten die Gelegenheit.

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