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Der Freier

09.09.2016

16.11.16  | Kritik

5 Tipps zum effektiven Derailing in Sexismusdiskussionen. Damit alles so bleibt wie es ist.

Eine Anleitung

Wer schon mal mitten in einer Situation das untrügliche Gefühl hatte, eben diese schon einmal erlebt zu haben, der weiß, was ein Déjà-Vu ist. Ich habe auch manchmal Déjà-Vus. Und zwar leide ich an dem Empfinden, dass immer, wenn das Thema „Sexismus“ oder „Menschenrechte für Frauen“ aufkommt, derselbe Mist wieder hochgekocht wird wie in der letzten Diskussion und in der vorletzten und in der vorvorletzten…

Zum Beispiel vor ein paar Tagen. Es begann damit, dass zwei Frauen sich darüber unterhielten, was sie auf Facebook für belästigende Anfragen von Männern bekommen; ging dazu über, dass Männer sich einmischten; mündete in einer wilden Diskussion darüber, ob es patriarchale Verhältnisse denn überhaupt gibt und ob die Unterdrückung von Frauen real sei; und endete nach mehreren frauenfeindlichen Sprüchen der Männer dann darin, dass der Person, die darauf beharrt hatte, dass es Probleme mit der Wahrung der Menschenrechte für Frauen gäbe (jaja, das war ich), Opferstatusgeilheit vorgeworfen wurde, während die restlichen Frauen nicht müde wurden zu beteuern wie sehr sie Männer doch mögen.

Was war da passiert? Es ist das passiert, was immer passiert, wenn mit Menschen über sexistische Verhältnisse gesprochen wird: es wird mit glasklarer Schärfe bewiesen, dass alles so bleiben kann und muss, wie es ist. Derartige Diskussionen wiederholen sich täglich irgendwo. Und damit nicht aus Versehen mal eine Diskussion darin mündet, dass sich wirklich was ändert, habe ich hier einen kleinen Guide geschrieben, wie so ein Gespräch zu führen ist. Vergiss nicht, abzuhaken was Du bereits in die Diskussion eingeworfen hast!

1. Nichts unwidersprochen lassen!

Kommt das Thema Sexismus auf, ganz wichtig: lass nichts stehen! Vergiss nicht, dass Du weit gehen kannst. Als Sexist wirst Du erst wahrgenommen, wenn Du knallhart sagst: „Nein, Frauen sollten keine Menschenrechte haben!“ Alles, was unterhalb dieser Aussage liegt, ist debattierbar. Steter Tropfen höhlt den Stein! Egal welches Thema gerade besprochen wird: widersprich! Verschleierung? „Tradition, hier sollte es nicht stattfinden, aber wenn wir nach Dubai fahren schon!“ Abtreibung? „Wieso muss denn das Gesetz abgeschafft werden, es wird doch eh nicht strafrechtlich verfolgt! Und außerdem geht es nicht nur um dich dabei, sondern noch um ein anderes Lebewesen!“ Kinderehen? „Andere Länder, andere Sitten! Es gibt auch frühreife Mädchen!“ Häusliche Gewalt? „Es gibt aber auch Frauen, die ihre Männer schlagen!“ Vergewaltigung? „Aber die ganzen Falschaussagen!!!“ Prostitution? „Es gibt aber auch Frauen die machen das freiwillig! Und wenn wir das abschaffen, wird es so viele Vergewaltigungen geben… Willst Du das?“ Frauenquote in Unternehmen? Versichere, dass Du für die Emanzipation der Frau bist! Vergiss aber nicht, als Halbsatz dranzuhängen: „…aber wenn dann in irgendeinem Amt am Ende auch nur so eine Vollpussy sitzt, die den Job auch nicht besser macht als ein Mann, ist auch nichts gekonnt!“ Sexueller Missbrauch von Mädchen? „Was heißt schon jede 4., es ist ja nicht jeder Missbrauch gleich schlimm!!!“ Sexuelle Belästigung: „Es gibt aber auch Frauen die denken sich sowas aus!“ Vergewaltigung in der Ehe: „Es gibt auch Frauen, die Männer vergewaltigen!“

Es ist nicht wichtig, ob Deine Einwürfe richtig sind oder nicht. Es ist nicht mal wichtig, ob sie Sinn haben oder nicht. Wichtig ist, dass überhaupt etwas eingeworfen WIRD! Auch wenn Du noch nie etwas gegen Sexismus getan hast, muss Dich das nicht daran hindern, zweifelnd eine Augenbraue zu heben und zu fragen: „One Billion Rising? Jaja, Gewalt gegen Frauen, ganz schlimm. Und wieso sollte Tanzen ja jetzt was helfen? Und übrigens gibt es nicht nur Gewalt gegen FRAUEN!“ Bring Dein Gegenüber in die Defensive, indem Du machst dass sie sich für jeden einzelnen Satz rechtfertigen muss! Tatbestände sind anzweifelbar. Wischiwaschi ist Dein Freund! Ist sexuelle Belästigung das Thema? Sei subversiv und wirf ein, dass wir alle doch gar nicht wissen, was das eigentlich ist und wo da die Grenzen sind, also gibt es das vermutlich gar nicht! Zahlen allgemein sind immer anzweifelbar. Du findest das alles auch ganz, ganz schlimm, leider haben wir ja keine Zahlen, vermutlich gibt es sexuelle Belästigung also gar nicht! Kommt jemand mit einer Statistik, frage, woher die Zahlen stammen! Sage dann, dass Du keiner Statistik traust, die Du nicht selber gefälscht hast! Zahlen sagen GAR NICHTS! Kommt Dir jemand mit persönlichem Erleben, bekunde Dein Bedauern, versichere, dass dies die erste Person ist die Du kennst und die sowas erlebt hat und sage dann, dass dieser Einzelfall jetzt aber nicht auf die Gesamtsituation übertragen werden sollte.

Sind die Beteiligten der Diskussion immer noch der Meinung es gäbe Missstände in Sachen Menschenrechte für Frauen, versichere, lernen und begreifen zu wollen und bitte darum, es Dir BESSER zu erklären. Das steht Dir zu, niemand kann verlangen, dass Du Dich in Internet und Bibliotheken selber informierst! Wenn sie besser behandelt werden wollen, müssen sie Dir begreiflich machen, was das Problem ist, und wenn Du das Problem nicht verstehst, existiert es nicht. Versichere Deine guten Absichten. Lass Dir alles erklären, nicke wohlwollend, lege aber erneut nach jedem von der Gegenseite gesprochenen Satz ein Störfeuer ein. Mach das so lange, bis alle DiskussionsteilnehmerInnen mürbe sind.

2. Bring die KritikerInnen in die Defensive!

Nachdem Du nun also erfolgreich bezweifelt hast, dass es überhaupt ein Problem gibt, wird es Zeit, den Spieß umzudrehen. Mache zunächst klar, dass „Falschaussagen“ ein großes Problem sind und dass Sexismusvorwürfe Karrieren zerstören können (wie man an Donald Trump jetzt nicht gerade sehen kann, aber sonst wirklich IMMER)! Schaue erschüttert und ernst in die Runde und erläutere die Gefährlichkeit dessen, auszusprechen was ist: es könnte immer auch die falschen Männer treffen. Zieh das Problem runter auf die Ebene von „Missverständnissen“. Frage dann, ob der empörte Ton mancher Feministinnen wirklich der Sache dienlich ist. Muss man über Missverständnisse nicht REDEN? Aber welcher Mann will mit Frauen reden die so rumkeifen? Wer will hier eigentlich was von wem? Also, ein bisschen netter bitte! Vergiss nicht, es „dominant“ und „herrisch“ zu nennen, wenn Frauen auf die Wahrung ihrer (Selbstbestimmungs-)Rechte pochen. Bedaure auch all die „ungeschickten“ Männer, die künftig ohne es zu wissen zu Tätern gestempelt werden, bloß weil sie nicht wissen, wie sie Frauen denn sonst ansprechen, sonst ins Bett kriegen, sonst vögeln dürfen, wenn nicht via Belästigung, dummer Anmache, Nötigung. Wenn nicht so, dann gar nicht, es gibt da nur schwarz oder weiß! Und gar nicht, das kann doch keiner wollen, oder? Frag am besten nach, ob irgendjemand hier wirklich ein von erotischen Untertönen bereinigtes Umfeld haben möchte. Wo Flirten verboten ist. Wo der Mann nicht mehr „den ersten Schritt machen“ darf. Wo es im Bett nur noch Blümchensex gibt! Wo der Staatswanwalt mit im Ehebett liegt. Sagt irgendjemand, dass es darum nicht geht, nimm das Wort „prüde“ und wirf es ihr oder ihm an den Kopf und behaupte, es dürfe überhaupt niemand mehr Sex haben!

3. Mach klar, wer hier das wahre Opfer ist!

Jetzt bist Du fast übern Berg! Komm auf die falschen Vergewaltigungsanschuldigungen zurück und sage: „Aber Frauen sind auch manchmal schlimm!“ Formuliere, dass Frauen „auch mal Scheiße bauen!“ Blicke Deinem Gegenüber tief in die Augen und sage in einem Ton als offenbartest Du tiefste Geheimnisse Sachen wie: „Frauen sind nicht die besseren Menschen!“ Nicke zu dieser Deiner Aussage wissend. Deklariere Frauen zu Tätern, denn darüber spricht NIE jemand: Frauen, die ihre Männer prügeln! Frauen, die Männer vergewaltigen! Prostituierte, die armen verliebten Männern das Geld aus der Tasche ziehen! Frauen die Kinder missbrauchen! Frauen die ihre Ehemänner umbringen! Frauen, die, wie in „Meine sehr geehrten Damen und Herren“, immer zuerst genannt werden! Frauen, die die Kinder nach der Scheidung behalten dürfen und die Männer finanziell „aussaugen“! Frauen, die die „Ressource Sex“ in der Ehe streng rationieren, damit die Männer gefügig bleiben! Lass ein Tränchen rollen und gib schluchzend zu, dass auch DU mal Opfer häuslicher Gewalt warst, weil Deine Ex Dir vor zehn Jahren mal eine geklatscht hat. Sag, dass DU AUCH unterdrückt wirst, zum Beispiel von Deiner Chefin, die Dir zu sagen hat wo es lang geht. Zieh die Nase hoch, schau verstört in die Ecke und sage: „Aber DAS interessiert euch natürlich NICHT!“ Zeig wer hier das wahre Opfer ist: DU! Zeig wer hier die wahren Täter sind: FRAUEN!

4. … Und wer der Täter!

Nachdem die Diskussion jetzt also auf dem Niveau angekommen ist, dass alle konstatieren, dass häusliche Gewalt IMMER schlimm ist, EGAL von welcher Seite sie kommt, und dass es für Männer wirklich VERUNSICHERND sein muss, wenn sie nicht mehr wissen, was sie noch DÜRFEN, ohne mit einem Bein schon im Knast zu stehen („Wenn ich am Ende eines Dates die Frau dann küsse ist das dann vielleicht auch schon sexuelle Belästigung?!“) ist es an der Zeit, aufzuzeigen wer die wahren Täter sind. Und das geht so: wagt es irgendjemand in der Runde, doch noch zu konstatieren, dass es massenhaft Gewalt von Männern gegen Frauen gibt, sage: „Wehrt euch doch, dann hört das auch auf!“ und lasse damit nachklingen, dass Frauen das doch irgendwie schon wollen, denn wenn sie wöllten, dass dieser Missstand aufhört, würden sie sich ja wehren und dann wäre Schluss damit, und dass dieser Missstand noch existiert, lässt ja nur einen einzigen Schluss zu: sie wollen es so! Formuliere Dinge wie: „Aber wenn er sie schlägt, warum ist sie denn dann noch bei ihm? Warum zeigt sie ihn denn nicht an?“ und frage, wo denn die Revolution der Frauen bleibt, wenn die Sache wirklich so schlimm ist wie behauptet! Aber mach nicht den Fehler, Opfern nur eine Teilverantwortung zuzuweisen. Sage auf jeden Fall auch Sachen wie: „Aber wenn sie ihren Vergewaltiger nicht angezeigt hat, muss sie halt damit leben, dass er weiter rumrennt und weitermacht, dann ist sie dran schuld!“ oder „Verschleierte Frauen geben ihren Männern ja erst ein, dass es reine und unreine Frauen gibt und dass die unreinen belästigt werden dürfen! Verschleierte Frauen sind daran schuld, dass ihr auf der Straße und im Schwimmbad angegrabscht werdet!“ Jetzt hast Du es fast geschafft. Mach als letzten Punkt klar, dass nur Opfer ist, wer auch Opfer sein will. Erzähle dazu eine kleine Anekdote, zum Beispiel die von der einen Kollegin, die dauernd sexistisch angemacht wird und die sich den Respekt ihrer Kollegen verdient hat, indem sie laut über deren derbe Witze lacht oder diese auch mal zurechtweist, wenn sie ihr zu sehr auf den Busen starren. Damit ist klar: Man muss kein Opfer sein! Man kann sich auch wehren! Dann hört das auf. Hört das nicht auf, dann nur, weil man Opfer sein WILL! Und eigentlich sind Frauen ja auch gar keine Opfer, sondern für all diese Situationen selbst verantwortlich.

5. Werde persönlich!

Es ist sehr wichtig, dass Du jetzt auf die, die Dir immer noch widersprechen, eingehst und sie persönlich angreifst. Am besten geht das, indem Du ihre Sicht problematisierst. Verwechsel ihre Analyse der bestehenden Verhältnisse mit Hass. Wenn sie ansprechen, dass Männer Gewalt gegen Frauen ausüben, wirf ihnen vor, sie sähen „alle Männer als Feinde“. Bedaure dies als „gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“, die ja nun gar nicht Dein Ding ist. Mach ihnen klar, dass, indem sie die Dinge klar benennen, sie in Deinen Augen DASSELBE tun wie diese Männer, nämlich zu hassen und sich auf eine Gruppe einzuschießen. Spricht jemand aus, was eine bestimmte Gruppe von Menschen – Männer! – tut, sag, dass es ganz schlimm ist nach Geschlecht zu trennen und dann abzuwerten oder Vorurteile zu haben und dass nicht alle Männer so sind wie hier dargestellt wird. Stell fest, dass Du das überhaupt furchtbar findest, denn wo hier alle nur „Männer“ und „Frauen“ sehen, siehst Du nur „Menschen“. Du bist nicht so! Bekunde Deine friedlichen Absichten. All dieser „Hass“ hier, der ist nichts für Dich.

Privatisiere das Problem. Frag Dein Gegenüber, ob es sich schonmal gefragt hat, warum immer nur ihm so schlimme Dinge passieren.

Privatisiere die Realität. Sage Dinge wie: „Oh, das ist dein Kampf, den du da führst, nicht meiner. Ich mag nicht kämpfen, ich mag keinen Streit. Ich mag Frieden und löse alles mit Liebe!“

Privatisiere die Analyse. Sag: „Aber das ist doch völlig okay, an was du glaubst. Manche glauben an Jesus, manche glauben an Energiefelder und du glaubst halt dran dass es ein Patriarchat gibt!“

Privatisiere das Anliegen. Formuliere Dinge wie: „Ja, aber du redest immer nur von Macht und Privilegien und Gewalt. Ich bin nicht so, mir ist Macht nicht wichtig, und Privilegien auch nicht, und Gewalt finde ich ganz schlimm. Ich hab halt andere Interessen als du!“

Stell Dein Gegenüber als übersensibel und naiv hin: „Die Welt ist nunmal schlecht, du wirst noch viel mehr Grausames sehen!“ Frage, ob es sich in seiner „Opferhaltung“ nicht doch etwas zu wohl fühlt und nicht vielleicht gern Opfer ist? Da kann man so schön rumheulen.

Jetzt kommt das Privatleben Deines Gegenübers dran. Setze Deine Stiche punktgenau mit Sätzen wie: „Aber wenn du alle Männer als Feinde siehst, kannst du dich ja gar nicht mehr verlieben, wie schade!“, „Dann lässt du so vielen netten Männern nicht an dich ran, da bist du ja gar nicht mehr offen!“, und „Das ist aber schade, dass du so eine Angst vor Männern hast!“ Wenn Dein Gegenüber sich jetzt schnaufend und kopfschüttelnd abwendet hast du es geschafft und kannst dich als moralischer Sieger fühlen: du bist gegen Hass! Gegen Streit! Dafür, dass alle Menschen Menschen sind und sein dürfen! Für Liebe, Frieden und Harmonie.

Fazit

Im Ernst jetzt: Dieses Verhalten beobachte ich fast jedes Mal, wenn es in einer Diskussion um „Frauenthemen“ geht. Es scheint unmöglich, den Blick mal auf die Verantwortlichkeiten der Täter zu lenken. Alles scheint dann geeignet, davon abzulenken: kleinreden, verleugnen, das Verhalten des Opfers problematisieren,… Warum ist das eigentlich so? Bei Männern, habe ich manchmal die Vermutung, spielen wohl die eigenen Täteranteile mit hinein. Getroffene Hunde bellen, und es hat wohl jeder Mann Dreck am Stecken (ins Bordell gegangen, Gewaltpornos geschaut, sexistische Witze gerissen, die eigene Freundin zum Sex genötigt, … die Liste der Möglichkeiten ist lang und schmutzig) oder möchte sich zumindest die Möglichkeit offen halten, das zu tun. Aber was bringt Frauen dazu, zu Mindguards von Tätern zu werden und in einer Diskussion über z.B. Vergewaltigungen plötzlich immer und immer zu betonen, dass sie Männer mögen und nicht alle so sind? Ist es die Angst davor, hinzuschauen, ist es die Furcht davor zu sehen, dass die Gewalt, die sie bisher erlebt haben, eben nicht privat sondern ein Massenphänomen ist? Nicht zufällig geschehen, nicht selbstverschuldet, sondern strukturell bedingt? Es ist belastend zu erkennen, dass die, mit denen wir uns einen Planeten teilen müssen, und oft auch die Stadt (oder das Dorf), das Haus, wie Wohnung, evtl. auch das Bett, obwohl sie behaupten uns zu lieben keinen Widerspruch darin sehen, uns Dinge wie Vergewaltigung, häusliche Gewalt, Stalking, Nötigung, Minderbezahlung, Ausbeutung etc. anzutun, und zwar nicht schriftlich, auf dem Papier, politisch, irgendwo weit weg sondern KONKRET, dinglich, an uns.

Und genau deswegen passiert in den Diskussionen so selten das, was passieren sollte: denn nach der Insichtnahme und dem Stehenlassenkönnen der Fakten stünde die Analyse der Wirklichkeit, wie wir sie täglich erleben, und danach käme das Handeln. Das Konstatieren der Lage wie sie eben ist wäre der erste Schritt auf dem Weg zu einer Abschaffung dieses Systems, das in logischer Konsequenz abgeschafft gehört. Das macht Angst. Dann doch lieber weiter verdrängen, Opfer angehen, das Problem in Frage stellen etc. Damit alles bleiben kann, wie es ist. Und vielleicht kommt man ja nochmal davon. Und manchmal scheint es, als ob Missstände durch das Aussprechen erst wahr werden. Sie zu verleugnen aber macht Frauen passiv, denn wo kein Problem, da auch kein Handeln nötig und kein Bewusstsein.

Wir kommen aber erst weiter, wenn die Fakten endlich mal stehen gelassen werden: ja, so ist es. Auch wenn es wehtut. Das Problem ist nämlich das Problem, das Problem sind nicht die, die das Problem ansprechen. Hinsehen und sagen: Das ist. Ja, das gibt es. Ja, das ist schlimm. Der erste Schritt.

Niemand kann etwas dafür, wenn es euch unangenehm ist zu hören wie es ist.

Indem ihr das Problem kleinredet, wird es nicht kleiner.

Eure Realitätsverweigerung hilft euch nicht.

Von Anneli Borchert, https://twitter.com/BorchertAnneli

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